Chancen für Flüchtlinge auf dem Arbeitsmarkt

Tönisvorst. Der Tönisvorster Ortsverband der Grünen und der Wirtschaftsförderer der Stadt haben potenzielle Arbeitgeber zu einem Informationsnachmittag eingeladen. Das Ziel: Flüchtlinge schneller zu integrieren. Von Stephanie Wickerath
Asylsuchender, Asylbewerber, Asylberechtigter, Geduldeter – wer kennt sich da noch aus? Für Handwerker und Unternehmer, die auch unter den nach Deutschland geflüchteten Ausländern Mitarbeiter suchen, macht es aber einen Unterschied, welchen Status der Kandidat hat. Für Vera und Christoph Kohnen stellt sich die Frage bereits: „Bei uns hat sich ein Flüchtling mit fachlicher Qualifikation vorgestellt, den wir gern nehmen würden, aber wir wissen nicht, welche Anträge wir ausfüllen müssen“, sagt das Ehepaar, das eine Kfz-Werkstatt führt.

Im Gespräch mit Ute Straeten vom „Integration Point“ und Flüchtlingsbetreuer Peter Hohlweger erfahren die Kohnens, dass ihr Kandidat asylberechtigt ist. „Das heißt, er ist ein anerkannter Flüchtling und darf in Deutschland arbeiten, Betriebe müssen keine Besonderheiten beachten“, sagt Dr. Sarah Borgloh von der Agentur für Arbeit. Bei anderen Flüchtlingen sieht das anders aus.

Wer den Status „Asylsuchend“, „Asylbewerber“ oder „Geduldet“ hat, darf nach drei Monaten im Land eine Arbeitserlaubnis beantragen. Für eine konkrete Beschäftigung muss dann aber noch mal die Erlaubnis der Ausländerbehörde beantragt werden, die wiederum die Zustimmung der Arbeitsagentur anfragen muss, erklärt Borgloh. Die Arbeitsagentur muss dann zunächst prüfen, ob es einen deutschen Arbeitnehmer mit gleicher Qualifikation gibt. Erst nach 15 Monaten Aufenthalt im Land entfällt diese Vorrangprüfung. Dass sich ein solches Verfahren drei bis vier Wochen hinziehen kann, sei nicht gewünscht, aufgrund der Fülle der Anträge aber manchmal nicht anders machbar.

„Kann ein Geduldeter oder ein Asylbewerber, dessen Antrag abgelehnt wird, mitten in der Ausbildung abgeschoben werden?“, fragt Malermeister Thorsten Engler. „Das neue Integrationsgesetz sieht eine Rechtssicherheit für den Aufenthalt während der Ausbildung vor“, erklärt Borgloh. Werde der Azubi nach der Ausbildung übernommen, dürfe er zwei weitere Jahre im Land bleiben. Schwierig seien aber etwa Montagetätigkeiten wegen der Wohnsitzauflage. Auch das Fahren von Lieferwagen oder Ähnlichem sei oft problematisch, weil die Fahrerlaubnis in Deutschland nicht anerkannt oder der Führerschein bei der Flucht nicht mitgenommen worden sei. Auch müsse der Arbeitgeber sich darauf einstellen, dass er die deutsche Sprache vermitteln muss.

Die etwa 20 Zuhörer nehmen unterschiedliche Eindrücke von der Informationsveranstaltung mit. Während es den Einen kompliziert und aufwendig erscheint, Flüchtlinge zu beschäftigen, gehen Andere mit einer neuen Perspektive aus dem Raum. „Ich suche hochmotivierte Mitarbeiter“, sagt etwa Claus Erdmann, Techniker im Garten- und Landschaftsbau, „wenn ich die unter den Flüchtlingen finde, bin ich gerne bereit, einen Flüchtling einzustellen.“ Ute Straeten vom „Integration Point“ hört das mit Freude. „Wir haben fast 900 Flüchtlinge aus dem Kreis Viersen in unserer Datenbank. Ich bin sicher, wir finden den richtigen Mitarbeiter für Sie.“ Auch die Anregung, eine Jobbörse zu organisieren, bei der Arbeitgeber und Flüchtlinge sich kennenlernen können, wird aufgenommen.

Übereinstimmend sagen die Mitarbeiter von Arbeitsagentur und „Integration Point“, die meisten Flüchtlinge seien sehr motiviert, in Deutschland Fuß zu fassen und zu arbeiten. Flüchtlingsbetreuer Peter Hohlweger bietet außerdem an, Flüchtlingen für die erste Zeit im Job deutsche ehrenamtliche Begleiter zur Seite zu stellen. „Geben Sie den Flüchtlingen eine Chance. Sie tun damit ein gutes Werk“, appelliert Hohlweger.

Quelle: Rheinische Post vom 07.05.2016 Autorin: Stephanie Wickerath

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