Kulturelle Aneignung im Karneval

Im Rahmen des diesjährigen Karnevals ist oft der Begriff „Kulturelle Aneignung“ gefallen. In Düsseldorf gab es sogar einen Wagen, der dieses Konzept satirisch kommentierte. Doch was bedeutet „Kulturelle Aneignung“ eigentlich? Geht es darum, dass man sich an Karneval nicht mehr als „Indianer“ verkleiden darf? Oder darum, dass alles Kulturen nur separiert voneinander existieren dürfen?

Eigentlich stammt der Begriff „Cultural Appropriation“ (englisch für „kulturelle Aneignung“) aus dem Bereich der Ethnologie und Kulturellen Studien der 1970er Jahre. Gemeint ist, dass eine Bevölkerungsgruppe Rituale oder Gegenstände einer anderen Kultur in ihre eigene überträgt und von ihrer ursprünglichen Bedeutung loslösen. Im ursprünglichen Sinne gemeint ist der Begriff der Kulturellen Aneignung also wertfrei.

In der aktuellen Diskussion jedoch stellt sich vordergründig die Frage ob und wenn ja, wie diese kulturelle Aneignung marginalisierten Bevölkerungsteilen schaden kann.

Um diese Frage beantworten zu können ist es wichtig die politische und historische Ebene zu beachten. Die Machtverhältnisse zwischen westlichen oder weißen und indigenen oder anderen marginalisierten Gruppen der Gesellschaft haben sich über eine lange Zeit entwickelt. Sie können Einfluss auf die Art der Ausübung von kultureller Aneignung haben und auch die Auswirkungen beeinflussen. Dadurch können für die marginalisierten Gruppen wirtschaftliche Verluste oder auch Schäden in der eigenen kulturellen Identität entstehen.

Ein Beispiel ist die Ästhetik und Mode der indigenen Bevölkerung der Native Americans. Eine marginalisierte Gruppe um die sich auch im Rahmen von Karneval immer wieder Diskussionen drehen. Ist es in Ordnung sich als „Indianer“, also als Angehörige*r einer indigenen Bevölkerungsgruppe zu verkleiden?

Die „Association of Native Americans“  , eine Vereinigung der Indigenen Bevölkerungsgruppen Amerikas,  weist auf die Probleme hin, die das Interesse und die Faszination an der indigenen Kultur und der damit verbundene Wunsch nach Nachahmung auslösen. Selten wird indigenen Völkern die Möglichkeit gegeben sich selbst in den Medien oder der Öffentlichkeit zu präsentieren. Die Optik ihrer Stammeskleidung oder Teilen ihrer Kultur hingegen werden durch westlich Medien und Konzerne kommerzialisiert. Dabei verdienen die marginalisierten Gruppen nichts, erleiden also einen finanziellen Schaden. Außerdem werden die kulturell wichtigen Objekte ihrer Kultur Entfremdet, dies wieder trägt dazu bei, dass sie weiterhin als „die Anderen“ wahrgenommen werden.

Allerdings gibt es auch Möglichkeiten respektvoll und freundlich mit einer solchen Repräsentation umzugehen. Denn Kulturelle Aneignung ist wichtig und kann für alle Seiten der Gesellschaft eine Bereicherung darstellen. Wichtig ist, dass sie niemandem schadet und dazu ist eine sensible Umgangsform gefragt. Verantwortungsvolle Recherche sowie Respekt und Anerkennung gegenüber der Gruppe, der die jeweilige kulturelle Form entspringt, sind der Schlüssel zu einer Kulturellen Aneignung, die eine „Kulturelle Anerkennung“ ist.

Wenn Sie sich also als Mitglied einer indigenen Bevölkerungsgruppe verkleiden möchten, informieren Sie sich über diese Gruppe. Schauen Sie vielleicht ob Sie Stimmen aus dieser Gruppe finden, oft gibt es in den Sozialen Median die Möglichkeit nachzuhören, wie ein wertschätzender Umgang gestaltet werden kann. Vielleicht gibt es sogar Accessoires oder Kostümteile, die Sie bei einem von der dargestellten Bevölkerungsgruppe gegründeten Unternehmen kaufen können.